Rebell: Erich Mühsam

Ich sah der Menschen Angstgehetz,
Ich hört der Sklaven Frongekeuch.
Da rief ich laut:
Brecht das Gesetz!
Zersprengt den Staat!
Habt Mut zu euch!
*

Kreuzberg | 24.12.2012. Der Reichstag brannte am 28. Februar 1933. Knapp einen Monat nach der Macht­­übertragung auf Na­tio­­nal­sozialisten nahmen diese den Brand zum öffentlichen propagandistischen Anlass, um tausende Gegner_innen – vor allem aber Kommunist_innen – in die ersten (wilden) KZs zu verschleppen. Obwohl die Faschisten den Reichstag selbst anzündeten, wurde behauptet, es seien Kommunist_innen gewesen.
Einer der verhafteten Oppositionellen war Erich Mühsam, Anarchist, Schriftsteller und Publizist. Seit Anfang der 1930er Jahre war Mühsam Mitglied der anarchosyndikalistischen FAUD in Berlin, deren Aktivitäten er zusammen mit Rudolf Rocker publizistisch ent­scheidend mitprägte. Mühsam war v.a. bekannt durch satirische Beiträge in verschiedenen Zeitungen der Weimarer Republik. Er schrieb für den Simplicissimus ebenso wie unter dem Synonym »Tobias« für die wöchentliche Bei­lage Ulk des Berliner Tageblattes. → weiterlesen

Rebell: Johann Most

Je mehr der Mensch glaubt,
desto weniger weiss er.
Je weniger er weiss,
desto dümmer ist er.
Je dümmer er ist,
desto leichter kann er regiert werden.
*

Kreuzberg | 14.12.2012. »Freiheit«, eine deutschsprachige Zeitung mit sozial­revolutionärer Aus­richtung, kann wohl als ein Lebenswerk von Johann Most, einem der umtriebigsten anarchistischen Redner und Publizisten in Deutschland und den USA, bezeichnet werden. Der gelernte Buchbinder stand früh im Widerspruch mit den sozial­demokratischen Führern der Arbeiterbewegung.
1874 war er noch als Sozialdemokrat zum Reichstagsabgeordneten [Region Chemnitz] nach Berlin ge­wählt worden, bezeichnete den Reichstag aber als »Reichskasperltheater« und wandte sich gegen den Parlamentarismus. Seine kompromisslosen Reden und Artikel machten ihn früh zum Feindbild im monarchistisch geprägten deutschen Sprachraum. → weiterlesen

Rebell: Alí Primera

Wie erbärmlich leben die Kinder in den Häusern aus Pappe.
Wie glücklich leben die Hunde im Hause des Ausbeuters.
Ihr werdet es nicht glauben, aber es gibt Schulen für Hunde,
und sie lassen ihnen Bildung angedeihen,
damit sie die Tages­zeitungen nicht anknabbern,
aber der Herr, seit Jahren, vielen Jahren schon,
betrügt er den Arbeiter.
*

Kreuzberg | 1.12.2012. Im Alter von 18 Jahren zog Alí Primera 1960 mit seiner Mutter und zwei Brüdern in die Hauptstadt Vene­zuelas. Als 6-jähriger hatte er als Schuhputzerjunge arbeiten müssen und später zählte auch die Profession als Boxer zu seiner Überlebensstrategie. Trotz ärmlich­er Verhältnisse schaffte Alí Primera 1964 seinen schulischen Abschluss und schrieb sic⁄h an der Universität Central Caracas im Fach Chemie ein. Als Stundent begann er als Sänger und Komponist zu wirken. Seinen ersten Auftritt hatte er 1967 an der Andenuniversität auf einem Protestfestival.→ weiterlesen

Rebell: Holger Meins

Entweder du bist ein Teil des Problems
oder ein Teil der Lösung.
*

Kreuzberg | 3.11.2012. 39 kg wog der 1,86 m große Holge Meins nur noch, als er in Folge brutaler Zwangsernährung durch die Justizbehörden nach 58 Tagen Hungerstreik am 9. Novem­ber 1974 starb. Im Knast Wittlich, in der malerischen Eifel, war dies bereits sein dritter Hungerstreik gewesen, um gegen die Haftbedingungen der »weißen Folter« anzukämpfen.
Holger Meins war im Okotber 1970 abgetaucht und hatte sich der RAF angeschlossen. »Die Rote Armee Fraktion und Stadtguerilla sind diejenige Fraktion und Praxis, die, indem sie einen klaren Trennungsstrich zwischen sich und dem Feind ziehen, am schärfsten bekämpft werden. Das setzt politische Identität voraus […] Stadtguerilla setzt voraus, sich über seine eigene Motivation im klaren zu sein, sicher zu sein, daß sich »Bild«-Zeitungsmethoden bei einem nicht mehr verfangen, daß das Antisemitismus-Kriminellen-Untermenschen-Mord & Brand-Syndrom, das sie auf Revolutionäre anwenden, die ganze Scheiße […], daß die einen nicht trifft.«** Holger Meins war nach der erschossenen Petra Schelm die zweite Person der RAF, die getötet worden war. Sein Tod löste unmittelbar Demonstrationen mit über 10.000 Menschen aus, Brandanschläge gegen öffentliche Einrichtungen und gegen die Polizei waren die Folge. → weiterlesen

Rebell: Clément Moreau

Ich war nie in einer Partei, ich bin ein menschlicher Gebrauchsgrafiker und jedermann, der meine Arbeit gebrauchen kann, dem gehört sie.*

Kreuzberg | 10.10.2012. Ausreissen, abhauen und flüchten sind Hinweise auf Eingesperrtsein, Freiheitsdrang und Verfolgung. Schon mit 11 Jahren kam Clément Moreau – nach dem Tod seiner Mutter kurz vor dem I. Weltkrieg – in ein katholisches Kinderheim, in dem ihm eine regide »preussische Erziehung« zu Teil wurde. Immer wieder riss er aus, wurde eingefangen und abgestraft.
Mit 16 ging er in die Lehre als Maler, schloss sich schon in dieser Zeit dem Spartakusbund an – es war Revolutionszeit in Deutschland – wurde aber 1919 durch Verrat seines eigenen Vaters verhaftet und erhielt sechs Jahre Zuchthaus. Nach drei Jahren und vier Monaten – die meiste Zeit in Einzelhaft – wurde er entlassen und ging 1926 nach Berlin. → weiterlesen

Rebellin: Ulrike Meinhof

Protest ist, wenn ich sage,
das und das paßt mir nicht.
Widerstand ist, wenn ich dafür sorge,
daß das, was mir nicht paßt,
nicht länger geschieht.
*

Kreuzberg | 1.10.2012. »Bambule«, so der Titel eines 1970 veröffentlichten Films über autoritäre Heime und so ge­nannte Erziehungsheime in der Nachkriegs-­BRD. Autorin des Drehbuches war die von 1959-1969 für die linke Zeitung »konkret« schreibende Journalistin Ulrike Meinhof.
Der Film endet mit der Revolte der Insass_innen. Im Laufe der 1960er Jahre war Ulrike Meinhof möglicherweise die bekannteste und außergewöhnlichste Jounalistin jener Zeit.
Als sie im Mai 1970 Andreas Baader bei einem Interview befreite, ging sie mit dieser Aktion in den Untergrund und war somit Mitbegründern der Stadtguerilla RAF. »[…] es hat keinen Zweck den falschen Leuten das Richtige erklären zu wollen. Das haben wir lange genug gemacht. Die Baader-Befreiungs-Aktion haben wir nicht den linksintellektuellen Schwätzern, den Hosenscheißern, den Alles-Besser-Wissern zu erklären, sondern den potentiell revolutionären Teilen des Volkes. Das heißt denen, die die Tat sofort begreifen können, weil sie selbst Gefangene sind.«** → weiterlesen

Rebell: Karl Marx

Es ist nicht das Bewußtsein der Menschen,
das ihr Sein, sondern umgekehrt
ihr gesellschaftliches Sein,
das ihr Bewußtsein bestimmt.
*

Kreuzberg | 14.9.2012. Die Krise seit 2007, die zahlreiche Länder auch in Europa erfasst hat und bis heute andauert, hat u.a dazu geführt, dass die bürgerliche Öffentlichkeit nicht umhin kam, sich die Frage zu stellen, ob nicht die Schriften von Karl Marx, – allem voran »Das Kapital« – Anworten liefern könne, welches die Ursachen von Finanz- und Wirtschaftskrise seien. Noch immer geht das Wort Kapitalismus Fernsehmoderator_innen schwer über die Lippen, nicht so zu Lebzeiten des Philosophen, Ökonomen, Gesellschaftstheoretikers und politischen Journalisten Karl Marx. Als dieser 1848 zusammen mit Friedrich Engels das »Manifest der Kommunistischen Partei« verfasste, hatte er bereits Jahre politischer Verfolgung in Deutschland, Frankreich und Belgien hinter sich. → weiterlesen

Rebell: Bob Marley

Get up, stand up:
stand up for your rights!
Get up, stand up:
don’t give up the fight!
Preacher man, don‘t tell me,
Heaven is under the earth.
I know you don‘t know
What life is really worth.
*

Kreuzberg | 28.8.2012. Die Popularisierung des Reggae wird maßgeblich auf den Sohn eines englischen weißen Offiziers fortgeschrittenen Alters und einer jungen Jamikanerin zurückgeführt: Bob Marley.
Der auf Jamaika aufgewachsene Marley lernte zunächst den Beruf eines Mechanikers, widmete sich dann aber Ende der 1960er mehr und mehr der Musik. Mit der Gruppe »The Wailers« entwickelte sich aus dem stakkatoartiken Ska der getragenere Reggae, der eng mit der Rastafari-Bewegung verwoben ist. Eine religiöse Interpretation der Bibel, die auch für die Befreiung der Schwarzen mit pazifistischen Mitteln eintritt. Teil dieses religiösen Ansatzes sind u.a. die Dreadlocks der Anhänger_innen. Marley ist wohl bis heute der bekannteste Musiker dieser pazifistischen, kultur-politischen Bewegung. In den Texten sind Rassimus, Polizeiwillkür, Frieden und der Bezug auf afrikanische Kultur als Wurzel ihrer Identität vorherrschend. → weiterlesen

Rebell: Subcomandante Marcos

Es ist nicht nötig, die Welt zu erobern.
Es genügt, sie neu zu schaffen.
Heute. Durch uns.
*

Kreuzberg | 17.8.2012. Eine Welt, in der viele Welten Platz haben, das ist das Credo der zapatistischen Bewegung, die ihre Wurzeln im südlichen, armen mexikanischen Bundesstaat Chiapas hat. Dort, im lakandonischen Urwald lebt ein Mythos: Subcomandante Marcos, viel abbgebildeter, maskierter und mit Pfeife ausgestatteter Guerillero der EZLN. Der jetzt mit dem Namen »Delegado Zero« [Delegierter Null] versehene Marcos ist eine »Kunstfigur«, ein visuelles und sprachliches Symbol für die Absage an etablierte, repräsentative Parteienpolik, ein Symbol für Befreiung, ein Symbol für die Absage an der Teilhabe an Macht. Die zapatistische Bewegung hat mit ihrem Konzept der »Anti-Macht« auch grundlegende Ideen – wie die der klassischen sozialistischen Revolution – über Bord geworfen. → weiterlesen

Rebellin: Rosa Luxemburg

Eure »Ordnung« ist auf Sand gebaut. Die Revolution wird sich morgen schon »rasselnd wieder in die Höh’ richten«
und zu eurem Schrecken mit Posaunenklang verkünden:
»Ich war, ich bin, ich werde sein!«.
*

Kreuzberg | 6.8.2012. »Majestätsbeleidigung« und »Anreizung zum Klassenhaß« waren die juristischen Gründe dafür, dass Rosa Luxemburg 1904 und 1906 zu mehreren Monaten Gefängnis verurteilt wurde. Es sollte nicht das letzte Mal gewesen sein, dass die spätere Gründerin der KPD inhaftiert wurde. Auch während des I. Weltkrieges wurde sie wegen »Hoch- und Landesverrat« eingesperrt, ab 1916 sogar in »Sicherheitsverwahrung« verschleppt. Die überzeugte Internationalistin, Pazifistin und Antimilitaristin hatte in Frankfurt/M zur Kriegsdienstverweigerung aufgerufen. → weiterlesen