Rebellin: Alexandra Kollontai

Alexandra Kollontais Theorie der Sexualität zeigt den Weg zur Entwicklung einer emanzi­patorischen Theorie auf, einer roten Theorie der Sexualität.*

Kreuzberg | 18.5.2012. Die erste Ministerin in der modernen Geschichte Europas setzte in ihrer Amtszeit wesentliche Rechte zur Verbesserung der Lebensverhältnisse von Frauen durch. Alexandra Kollontai hatte zwischen 1918 und 1919 als Sozialministerin des Revolutions­kabinetts und später als Vorsitzende der Frauenab­teilung beim ZK der KPdSU die Lockerung des Eherechtes und die Verbesserung des Mutterschutzes erwirkt. Bahnbrechend war die Legalisierung von Abtreibung und die entsprechende zur Verfügungstellung von Mitteln zur Durchführung.
Darüber hinaus trat sie für Volksküchen und eine durch die Gesellschaft verantwortete kollektive Erziehung von Kindern ein. »Nicht die sexuellen Beziehungen bestimmen das moralische Ansehen der Frau, sondern ihr Wert im Arbeitsleben, bei der gesellschaftlich-nützlichen Arbeit.«** Bereits zur Zeit der russischen Revolution hatte sie weitergehende Vorstellungen von der Befreiung und der Gleichheit des Menschen als z.B. Lenin.
Dies brachte sie nicht nur gegenüber Lenin, sondern auch gegenüber Stalin in Widerspruch. So ist auch ihre spätere Botschaftstätigkeit im Ausland erklärbar. Sie wurde faktisch »weggelobt«.
Was von ihren profunden Ansätzen historisch oftmals übrig blieb, war das zur Berühmtheit erlangte Gleichnis, dass Sexualität so leicht zu stillen seien solle, wie Durst durch den Schluck eines Glases Wasser.
Ihre Überlegungen zu Liebe und Solidarität hingegen blieben in der allgemeinen Lesart durch ihre [männlichen] Kritiker auf der Strecke. »Die Liebe, schreibt sie, ist „ein grundlegend soziales Gefühl.“ Die Liebe ist „keine rein ‚private‘ Sache zweier sich liebender Herzen: Liebe enthält ein für das Kollektiv wertvolles verbindendes Element.“ Im Zentrum von Kollontais Denken über Sexualität stand ihre Analyse: „Jede geschichtliche [und daher ökonomische] Epoche in der Entwicklung der Gesellschaft hat ihr eigenes Eheideal und ihre eigene Sexualmoral … Unterschiedliche wirtschaftliche Systeme haben unterschiedliche Moralkodizes. Nicht nur jede Stufe in der Entwicklung der Gesellschaft, sondern jede Klasse hat die ihr entsprechende Sexualmoral … Je fester die Grundsätze des Privateigentums etabliert sind, desto strikter ist der Moralkodex.“ „Das Liebes­ideal in der Ehe entstand in der bürgerlichen Klasse erst dann, als sich die Familie schrittweise von der Produktionseinheit in eine Konsumtionseinheit verwandelte und gleichzeitig zur Bewahrerin akkumulierten Kapitals wurde.“«***
Ihr persönlicher Werdegang umfasst drei Ehen, einen als Trotzkist erschossenen Ehemann, Untergrundarbeit in kommunistischen Strukturen in Deutschland, Teilnahme an der russischen Revolution, Arbeit als Schriftstellerin und Diplomatin in Norwegen, Schweden, Mexiko und Finnland.
Sie trug international zu Friedensverhandlungen mit Finnland bei, was dessen Ausstieg aus dem II. Weltkrieg ermöglichte. Ende des II. Weltkrieges zog sie sich von ihren Ämtern zurück und war bis zu ihrem Tode 1952 in Moskau im Alter von 79 Jahren oftmals Beraterin in außenpolitischen Fragen.
Zu dieser Zeit waren faktisch viele ihrer in der Revolutionszeit durchgesetzten Veränderungen im erstarrten System der Sowjetunion unter Stalin bereits wieder rückgängig gemacht worden.
Informationen
Wikipedia | Alexandra Kollontai
Alexandra Kollontai Archiv | Marxists.org (english)
Alexandra Kollontai und die rote Liebe | Artikel der SOZ | 4/2001
Was bedeutet die »Arbeiter-Opposition« | Artikel auf Marxists.org | 1921
Alexandra Kollontai: Die erste Ministerin der Welt« | Ernst Probst | Helloarticle.com
Buchtips
Ich habe viele Leben gelebt… | Autobiographische Aufzeichnungen | Alexandra Kollontai | Dietz Verlag| 1980
Wege der Liebe | Alexandra Kollontai | Morgenbuch | 1992
Lust und Last | Sowjetische Frauen von Alexandra Kollontai bis heute | Hrsg. Kristine Soden | ElefantenPress | 1990
Alexandra Kollontai| Das Leben einer ungewöhnlichen Frau | Biografie | Sinowi Schejnis | Verlag Neues Leben| 1987
Filmtips
Red Love | Kurzfilm | Rosa von Praunheim | 1980
A Wave of Passion | The Life of Alexandra Kollontai | Dokumentarfilm | Ken Cooper | 1994
Genossinnen | Kurz-Spielfilm | Margareta Henrich/Ullabritt Horn | 1982/83
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