Rebell: Thomas Müntzer

Die Herren machen das selber, dass ihnen der arme Mann feind wird.
Die Ursache des Aufruhrs wollen sie nicht wegtun. Wie kann es die Länge gut werden?
So ich das sage, muss ich aufrührerisch sein.
*

Kreuzberg | 11.1.2013. Revolution und Glaube an Gott vereinte Thomas Münzter in den Bauernaufständen von 1525 in Thüringen. Als ehemaliger Schüler Martin Luthers ging Müntzer weit über dessen reformatorische Anliegen hinaus und begab sich damit auch in Opposition zu seinem einstigen Lehrmeister.
Gerade mit seiner Positionierung auf Seiten aufständischer Bäuer_innen unterschied er sich von Luther. Dies drückte sich auch darin aus, dass Müntzer die Messen z.T. in deutsch statt in Latein abhielt, was ihn faktisch zum Übersetzer der Bibel für den »gemeinen Mann« machte.
Immer wieder verlor Müntzer seine Stellungen als Geistlicher wegen offener Kritik nicht nur an der Kirche, sondern auch an weltlichen Ständestrukturen, die er u.a als Ursachen für das Elend der Bäuer_innen begriff. Im Gegensatz zu Luther, der nach der Veröffentlichung seiner 95 Thesen von der Kirche unter Lebensbedrohung gemaßregelt worden war und sich wieder auf Seiten von Fürsten und Klerus stellte, entfaltete Müntzer während seiner Anstellung im sächsischen All­stedt eine grundsätzliche Kritik an der bestehenden Ordnung:
»Bald schon übten seine Gottesdienste eine große Anziehungskraft auf die ganze Region aus. Sie beunruhigten die antireformatorischen Obrigkeiten, […]. Vor diesem Hintergrund entstand wohl Müntzers erste Druckschrift, der „Ernste sendebreff an seinen lieben bruder zu Stolberg unfuglichen auffrur zu meiden“ [1523]. Er betonte, dass die Ankunft der Christusherrschaft den wahren Glauben voraussetzt, der von den Auserwählten zu erlangen sei.«* »Du hast die Christen angefangen zu martern. Du hast den heiligen Christenglauben ein Buberei gescholten. Du hast die Christen unterstanden zu vertilgen. Sag an, du elender, dürftiger Madensack, wer hat dich zu einem Fürsten des Volks gemacht, welches Gott mit seinem teuren Blut erworben hat?«**
1524 floh Thomas Müntzer aus Allstedt nach Nürnberg, Basel und Süddeutschland in den Schwarzwald, wo er mit eigenen Augen den Schwung der aufkommenden Bauernaufstände aufnahm. Er kehrte im Februar 1525 nach Mühlhausen zurück, aus dem er im August des Vorjahres noch vertrieben worden war, begann unmittelbar mit der Agitation und Organisierung der unterdrückten Bäuer_innen.
In der Unbildung sah Müntzer ein wesentliches Hindernis für die Befreiung der Unteren. Sie »predigen unverschempt, der arm man soll sich von den tyrannen lassen schinden und schaben. Wenn will er denn lernen, die schrifft lesen? […] Derhalben mustu, gemeyner man, selbst gelert werden, auff das du nicht lenger verfüret werdest.«*** Zusammen mit Heinrich Pfeiffer schaffte es Müntzer und seine Anhänger_innen in Thüringen bis zu 30.000 Bauern gegen Fürsten und Kirche aufzubringen.
In Bad Frankenhausen schließlich stand Thomas Müntzer mit einem Bauernhaufen von 8.000 Aufständischen einer erdrückenden Übermacht von Landsknechten der Landgrafen gegenüber. Nach mehreren zunächst erfolglosen Versuchen der Söldner die Bauern in die Knie zu zwingen, hielt Müntzer vor über 6.000 Bauern eine Predigt, als der letzte Angriff der blutrünstigen Lands­knechte begann. 6.000 Bauern wurden viehisch erschlagen und 600 am 15. Mai 1525 gefangen genommen, unter ihnen auch Thomas Müntzer.
Am 27. Mai 1525 wurde Müntzer nach bestialischer Folter vor den Mauern Mühlhausens hingerichtet und zur Abschreckung aufgespießt.
Informationen
Wikipedia | Thomas Müntzer
Thomas Müntzer Gesellschaft
Thomas Müntzer | Ökumenisches Heiligenlexikon
Bauernkriegsspektakel
Hochverursachte Schutzrede | Thomas Müntzer 1524
Buchtips
Thomas Müntzer | Schriften und Briefe| Gerhard Wehr | Fischer Verlag | 1973
Ich will donnern über sie | Die Lebensgeschichte des Thomas Münzer | Arnulf Zitelmann | Beltz Verlag | 1996
Radikale Reformatoren | 21 biographische Skizzen von Thomas Müntzer bis Paracelsus | Hans-Jürgen Goertz | C.H. Beck Verlag | 1989
Illustrierte Geschichte der deutschen frühbürgerlichen Revolution | Adolf Laube, Max Steinmetz, Günter Vogeler, Renate Weber | Dietz Verlag| 1974
Q | Roman | Luther Blisset, Ulrich Hartmann | Piper | 2002
Filmtips
Thomas Müntzer | Ein Film deutscher Geschichte | Spielfilm | Martin Hellberg | DDR 1956
Thomas Müntzer | Der Satan von Allstedt | Fernsehfilm | Dirk Otto | BRD 2010
Thomas Müntzer und der Krieg der Bauern | Fernsehdokumentation | Christian Twente | BRD 2010
Museumstip
Bauernkriegspanorama | Werner Tübke | Bad Frankenhausen
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Informationen zum Projekt »IKONEN ZUM ANFASSEN«

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