Rebell: Paco Ignacio Taibo II

Nein, es gibt keine alleinigen Wahrheiten, und auch keine endgültigen Kämpfe, aber es ist immer noch möglich, uns an möglichen Wahrheiten zu orientieren, im Gegensatz zu den offen­sichtlichen Nichtwahrheiten, und diese zu bekämpfen. Es ist möglich, einen Teil der Wahrheit zu sehen, sie aber nicht als solche zu erkennen. Aber es ist unmöglich, das Böse zu betrachten und es nicht als solches zu erkennen. Das Gute existiert nicht, aber das Böse, glaube ich, oder fürchte ich, schon.*

Kreuzberg | 04.05.2016. Ein Schalk in Nacken, ein dominanter Schnauzer unter der Nase, ständig eine Zigarette im Mundwinkel, umgeben von einem Buch oder einer Zeitung, erzählt uns Paco Ignacio Taibo II seine Geschichten käm­pfender Menschen mit [Selbst-]Bewusst­sein im täglichen Fahrwasser kapitalistischer Unwegbarkeiten oder politischer bzw. kultureller Enge. Es ist oftmals eine in Kriminalroman verpackte Reise über den gesamten Globus, den Spuren revolutio­närer Anliegen folgend.
Der in Spanien ge­borene Sohn des Schriftstellers Paco Ignacio I wanderte mit seinen Eltern nach Mexiko aus, wo er auch heute noch als Schriftsteller und Journalist lebt. Der an der historisch-antropologischen Fakultät der UNAM lehrende Taibo II kann guten Gewissens als der Protagonist des neuen politischen Kriminalromans bezeichnet werden. Seine Romanfiguren erscheinen stets in einem sozial-politischen Setting, welches sich auf herausragende politische Ereignisse bezieht, wie beispielsweise den Spanischen Bürgerkrieg [1936-39], die mexikanische Revolution [1910] u.a.
Der im studentischen Aufbegehren von 1968 in Mexiko politisierte Paco Ignacio Taibo II ist ein exellenter und detaillversessener Kenner linker, sozialrevolutionärer Geschichte, also der Teil der Geschichtsbücher, der mit weißen Seiten gefüllt ist. Seine reichhaltige Sprache und sein unorthodoxes Denken verlangen dem Lesenden intellektuelle Sprünge durch Zeit und Raum ab, denn kaum ein Werk ist zeitlich linear verfasst.
Vielmehr drückt sich im mit widersprüchlichen Denkansätzen verfassten Szenarien einerseits die Frag­mentierung gesellschaftlicher Wirklichkeit aus, andererseits schaffen parallele zeitliche Abläufe historische Kontiuitätslinien und überraschende Analogien.
Seine – abermals tiefgründige Recherche – machte die 1996 veröffentlichte Biografie des argentinischen Revolutionärs Che Guevara zu einem Standardwerk über dessen Leben. Auch die Einmaligkeit, einen vierhändigen Kriminalroman mit dem illegal im südlichen Dschungel der mexikanischen Provinz Chiapas lebenden Guerillero Subkommandante Marcos [EZLN], der in der allgemeinen Lesart als Terrorist etikettiert wird, ist eine zeitgemäße politische Positionierung, die ihresgleichen sucht.
Paco Ignacio Taibo II sind große Gesten unbequem, trotz seiner publizistischen Tätigkeit, ist er bei einem Getränk ein gesprächiger, doch zuweilen verschwiegener Chronist. »Vielen Dank… Ich gehe davon aus, dass ich auf Ihr Schweigen zählen kann. | Irgendwann wird irgendjemand all das erzählen.«**
Informationen
Wikipedia | Paco Ignacio Taibo II
Interview mit Paco Igancio Taibo II | die tageszeitung / 2014
Interview mit Paco Igancio Taibo II | www.quetzal-leipzig.de / 2010
Buchtips
Die Rückkehr der Tiger von Malaysia | Paco Ignacio Taibo II | Assoziation A | 2010/2012
Unbequeme Tote | Paco Ignacio Taibo II/Subcomandante Marcos | Assoziation A | 2005
Olga forever | Paco Ignacio Taibo II | Nautilus | 1998
Che | Die Biografie des Ernesto Guevara | Paco Ignacio Taibo II | Nautilus | 1997
Vier Hände | Paco Ignacio Taibo II | Schwarze Risse/Rote Strasse | 1990/1996
Das Jahr in dem wir nirgendwo waren | Paco Ignacio Taibo II | ID-Archiv | 1995/1996
Die Rückkehr der Schatten | Paco Ignacio Taibo II | Assoziation A | 2001/2004
Der Schatten des Schatten | Paco Ignacio Taibo II | Assoziation A | 1986/2010
Auf Durchreise | Paco Ignacio Taibo II | Nautilus | 1986/1997
Filmtips
La Historia no contada de México | Los Muralistas | | Dokumentarfilm | Relator: Paco Igancio Taibo II | 2015
|||| |||

Informationen zum Projekt »IKONEN ZUM ANFASSEN«

|||| |||
Auf den Werbebanner hier im Fuß habe ich keinen Einfluß. Das ist der »Preis« für die »Umsonst«-Nutzung. Für die sofortige Abschaffung von Marketing und Werbung!