Vorweg: Zwischenstopp Bonaire

Kreuzberg 36. Schon mal was vom Flughafen »Bonaire« gehört? Von einer Insel mit diesem Namen? Ich auch nicht, bis ich auf meine Buchung des Fluges nach Quito mit der Fluggesellschaft KLM stieß. »KLM Royal Dutch Airlines« ist eine niederländische Fluggesellschaft. KLM bedeutet wörtlich »Königliche Luftfahrtgesellschaft« [niederländisch: Koninklijke Luchtvaart Maatschappij] und nutzt die karibische Insel Bonaire oftmals zur Zwischenlandung bei Flügen auf den südamerikanischen Kontinent. Geographisch gehört die Insel zu den »Kleinen Antillen«, politisch zu den Niederländischen Antillen. Dies ist eine in Besitz genommene Inselgruppe aus jetzt fünf bewohnten Inseln und weiteren unbewohnten. Die in Europa bekannteste dürfte Curaçao sein.
Was hat ein europäisches Land wie die Niederlande in der Karibik zu suchen? Die Zeit des historischen Kolonialismus gibt uns darüber Auskunft.
Die heutige offizielle Sprache auf Bonaire ist niederländisch, aber 75% sprechen das babylonische Papiamentu, eine Mischung aus importierten Sprachen wie Spanisch, Portugiesisch, Niederländisch und Versatzstücken aus afrikanischen Sprachen, die durch die Verschleppung von Afrikaner_innen ebenfalls nach Bonaire gelangten.
Die ersten Siedler_innen waren die Caiquetíos [indigene Einwohner_innen, die die Arawaksprache praktizierten] und wurden von spanischen Besatzern ab 1499 als Besitz betrachtet. Für die neuen Inselherren drückte sich in der Namensgebung der Insel »Islas Inútiles« deren Verhältnis zum Eiland, seiner Vegetation und den Bewohner_innen aus. »Nutzlose Inseln«, bringt das Vernutzungsdenken europäischer Ausbeutungskultur auf den Punkt. Mit der Entvölkerung zwischen 1513 – 1515 wurden die Bewohner_innen als Sklav_innen nach Hispaniola [heute Haiti/Dominikanische Republik] verschleppt. Die Insel blieb menschenleer zurück.
Die, die die Sklaven_innentortur überlebten, wurden 1526 zurückgebracht, von den Herren frei gelassen und zur Viehzucht genötigt. Gewinne aus der Viehzucht rissen sich die Kolonialherren unter den Nagel. Im Süden gab es natürliche Salzvorkommen [Salinen], die man begann abzubauen.
Ab 1633 tauchten Holländer auf, um die Insel in Besitz zu nehmen, auch hier war der gestiegene Bedarf an Salz [zum Pökeln und beginnender industrieller Weiterverarbeitung] der Grund. Später wurde noch Raubbau am »roten Holz« betrieben, was fast zur Ausrottung dieses Pflanzenbestandes führte.
Während die französische Revolution in Europa als positiver Prozess der Aufklärung begriffen wird, führte dies auf Bonaire vorübergehend lediglich zu einem Machthaberwechsel, indem die Franzosen eine Anrecht auf die Insel reklamierten. Nach der Niederlage Napoleons [Vertrag von Paris 1816] fiel die Insel endgültig an die Niederlande.
Ab 1954 gehörte Bonaire dann zu den Niederländischen Antillen, die staatenpolitisch zum Königreich [sic!] Holland gehören, aber verwaltungstechnische Autonomie wie ein Bundesland besitzen.
Am 10. Oktober 2010 wird der Landesverband der Niederländischen Antillen aufgelöst [Referendumsentscheidung 2006] und Boniare gehört nun direkt zu den Niederlanden als »bijzondere gemeente« [besondere Gemeinde].
Heute wohnen ca. 15.000 Menschen auf Bonaire, die Inselhauptstadt heißt Kralendijk, in der über 12.000 Einwohner_innen leben. Vor allem als tauchtouristisches Gebiet versucht Bonaire Fuss zu fassen, hierzu gehört auch der 1971 gegründete Bonaire Marine Park, der 1997 offiziell zum Naturschutzgebiet erklärt wurde.
Der rosafarbende Flughafen für die Zwischenstopps von KLM heißt »Flamingo Airport«.
Die Kolonialgeschichte war nicht so rosig…