Kreuzberg 36. Der zweite Zwischenstopp des Hinfluges wird die größte Stadt Ecuadors sein: Guayaquil. Die im Süden an der Küste gelegene Stadt beherbergt über 3. Mio Einwohner_innen, doppelt so viele wie in Quito, der Hauptstadt Ecuadors, leben. Schon 2001 »strandete« ich dort, bei meiner ersten Einreise in das kleine Andenland, da seinerzeit der Flieger wegen einer dichten Wolkendecke des nachts nicht auf Quitos kurzer Landebahn runter gehen wollte. So wurden wir nach einer über einstündigen Schleife nach Guayaquil umgeleitet… Damals vermerkte ich folgendes im Log-Buch:
»12 US-Dollar, also über 25 DM für ca. 10 Minuten Internetnutzung im Luxushotel, in das uns die Fluggesellschaft American Airlines in Einzelzimmer verbrachte und eine Übernachtung zahlte.
Will mich mit einem üppigen Frühstück rächen… Aber der Appetit vergeht mir gleich beim extraordinären Frühstücksbuffet, dem privilegierten Publikum und der Art und Weise, wie diese – zumeist weissen Ärsche – die zahlreichen Angestellten behandeln.
Ich setze mich, peinlich berührt, nehme eine Portion. Sitze am Fenster, draußen bewaffnete Patrouillien eines privaten Sicherheitsdienstes. Neben mir, vier Geschäftsmänner – wie aus einem schlechten Hollywood-Krimi über südamerikanische Kriminelle. Alle Klischees stimmen. Kleidung, Posing, Geruch, weltmännisches Auftreten, verspiegelte Sonnenbrillen. Dann kommen zwei Nordamerikaner – ihr lauter Akzent und ihre einnehmende Erscheinung verrät sie –, der eine um die 25, der andere, der Dad?
Die lassen sich doch tatsächlich den Tisch und die Stühle – ohne ein Wort, aber in entsprechender Erwartung – von zwei Angestellten einige Male zurechtrücken, bis die Bediensteten verunsichert und hektisch ihre Bewegungen einstellen. Endlich setzen sich die beiden Herren-Menschen. Mit Blicken, deren Verachtung das gesamte gesellschaftliche Verhältnis 500 Jahre langer Ausbeutung, Kolonialismus und Rassismus in sich tragen…
Ich esse zügig meine Luxusbrötchen, mit Luxus-Marmelade, angereichert durch Früchte des Landes; gehe so schnell es geht und warte in der Halle des Hilton-Colon, während sich um mich herum drei gläserne Aufzüge surrend auf und ab bewegen.
Ein weisser Typ setzt sich zu mir. Etwas längere Haare, Dreitagebart, Sohn eines französischen Legionärs, wie mir schnell mitgeteilt wird. Er lebt im Süden Ecuadors, ist Tauchlehrer. Sein Traum vom Leben: Geld, Frauen und eine Tauschschule auf den Galapagos-Inseln. Die Informationskette über Zielstellungen seines Lebens reisst einfach nicht ab. Mein rudimentäres Spanisch reicht nicht, wir reden in englisch. Da eine Konversation üblicherweise aus mindestens zwei Beteiligten bestehen, antworte ich einsilbig das notwendigste. Sein erster Satz, als er hört ich sei »Alemán«: er hätte neulich mit zwei Chics gebumst. Das war das größte, überhaupt die Frauen… So geht das eine geschlagene Stunde. Geld, Frauen, Luxus, Ficken. Ignoranz, Verachtung, Rassimsus, Sexismus. Arschloch.
Als es mit dem Shuttle endlich losgeht, setze ich mich ab. Ebenso wie am Abend zuvor, ermöglicht uns der der Reichtum von American Airlines das formlose einchecken.
Um 13.30 Uhr Ortszeit endlich Quito. Am Ausgang für Ankommende internationaler Herkunft ist ein Gitter…
Über die Geschichte und Bedeutung Guayaquils als wichtigste Hafenstadt Ecuadors findet ihr hier mehr:
http://de.wikipedia.org/wiki/Guayaquil