Öl, Minen und Tote

Quito | 21. Oktober 2010. Die Ereignisse vom 30. September 2010, von der Regierung als Putschversuch tituliert, treten mehr und mehr in den Hintergrund. Kürzere Meldungen über die juristischen Ermittlungen finden sich in der Tagespresse. Die letzten Tage war vor allem der Fall von verschütteten Minenarbeitern Meldung Nummer 1. Nachdem weltweit die verschütteten Minenarbeiter in Chile und deren Bergung den Blätterwald dominierten, lief ähnliches im Schnelldurchlauf in Ecuador ab. Wie auch im Fall der Arbeiter von Chile dominiert Voyeurismus und Sensationslust die Meldungen, hier wird ein Hoch auf die Entwicklungen der Technik gefeiert, ewige Betroffnenberichte, wo man sich an der Angst, dem Schmerz, der Hoffung und der Trauer der Angehörigen ergötzt und Betroffenheit vorgibt.
»Yasuni ist unser Sauerstoff –
Nein zum Erdöl von ITT, ja zum Leben«

Ein Hoch auf die Arbeitsbedingungen oder Arbeitssicherheit wäre vermutlich auch schwer zu feiern. Eher macht das beharrliche Schweigen über Ursachen solcher »Unfälle« bzw. »Unglücke« stutzig. Arbeitssicherheit, Arbeitstakt, Arbeitsschutz oder gar die Frage nach der grundsätzlichen Notwendigkeit, in der Erde zu wühlen, um Naturressourcen heraus zu holen sind keine Zeile wert.
Im Fall von Chile können sich dann Politiker medienwirksam vor die Kamera begeben und den Sieg der Technik verkünden. Die Arbeiter bleiben das was sie vorher waren; ein Objekt, was man rumschubsen kann. Entweder in den Schacht oder vor die Kamera.
Im Fall von Ecuador konnten die medienprofessionellen Politiker nur noch zwei Tote Arbeiter präsentieren und technisch begründen, dass ihnen die Zeit fehlte…
Während das Drama um zwei tote Minenarbeiter inszeniert wurde, feierte man heute die Einweihung des »Campo petroloero Pañacocha« im Amzonasgebiet Sucumbíos an der Grenze zu Kolumbien. Präsident Correa gab bekannt, dass er jährlich 750 Millionen US-Dollar erhoffe, »um die Parameter von Lebensqualität anzuheben«. Mit einer Grundleistung von 125%, würden sich innerhalb von 6 Monaten die 292 Millionen Investitionen amortisieren, die in den letzten 31 Monaten zur Verfügung gestellt worden waren.
Der Zahlenirrsinn zum Überzeugen der geneigten Leserschaft auf dem ecuadorianischen regierungsnahen Nachrichten-Portal »Andes« nimmt gar kein Ende. Die Rohölreserven im diesem Teil des Dschungels werden auf 42,1 Millionen Barrel geschätzt. Geplant ist in den nächsten 20 Jahren 24 tausend Barrel täglich aus der Erde zu pumpen.
»Dies ist ein historischer Tag, wir haben heute keine Ölförderstelle eröffnet, vielmehr ist heute eine neue Ära des Rohöls in diesem Land angebrochen.« Der Jubel nahm gar kein Ende, zusätzlich wurde verkündet, dies würde die gesamte Region eine Schritt nach Vorne machen; technisch, agrartechnisch, umweltmäßig, auch seien Fragen der Gesundheit und der Bildung berücksichtigt worden.
Mit keinem Wort wurde der im südlichen Teil Ecuadors im Amazonasgebiet gelegene neue Ansatz des »Yasuni-ITT«-Projektes* erwähnt, was in der Tat eine neue Ära des Umganges mit vorhandenen Naturessourcen eingeläutet hätte. 2007 hatte Rafael Correa mit einer Arbeitsgruppe auf internationalem Parkett Aufsehen erregt, mit der Forderung an die Weltgemeinschaft nach Ausgleichzahlungen für – in der jetzigen Situation des Weltmarktes – verlorengehende Gewinne durch Erdölförderung. Der Vorschlag sah vor, im diesem Bereich des Amazonasgebietes den Primärwald zu erhalten und keine Ölförderung zu betreiben. Ausgangspunkt dieses Ansatzes mit der Forderung nach Ausgleichszahlungen ist die Tatsache, dass Erdöl zur Zeit eine weltweit zugängliche Naturressource darstellt, zumeist herausgezogen durch multinationale Konzerne. Auch den Profit streichen die Privatwirtschafter westlicher Herkunft ein.
Über Arbeitsbedingungen und Arbeitssicherheit wurde ebenfalls nicht gesprochen…
* Der Bundestag hatte mit den Stimmen aller Parteien eine Resolution verabschiedet, das Yasuni-ITT-Projekt begrüßt und finanzielle Unterstützung zugesagt. Trotz dieses eindeutigen Votums, hat Entwicklungsminister Dirk Niebel [FDP] im Namen der schwarz-gelben Bundesregierung die zuvor auf den internationalen Treffen zugesagte Unterstützung zurückgezogen. Das wiederum veranlasste den Bundestag erneut zu einer Bestätigung für die Unerstützung des Yasuni-ITT-Projektes.
Die schwarz-gelbe Regierung verfolgt in allen Umwelt-Fragen eine katastrophale Politik; Laufzeitenverlängerung von Atomkraftwerken, Bau neuer Kohlekraftwerke am Rhein, Castor-Einlagerung, Asse-Irrsinn etc.