Cancun | Zona Hotelera | 30.01.2018
29.1.2018 | Berlin, Flughafen Tegel. Frühaufstehen gehört ja irgendwie zum leicht fröstelndem Gefühl am Beginn von Reisen. In Begleitung diesen Gefühls dann jedoch von einer Maschinenpistole, in dessen Schlinge ein Uniformierter steckt, angesprochen zu werden, weil das Gepäck deines Mitreisenden für weniger als 5 min. neben dir auf einem Wartesitz liegt, wirkt diesem Frösteln nicht entgegen. Es wird vielmehr auf eine gesellschaftliche Ebene gehoben, die darauf verweist, dass Angst und Mobilisierung gegen einen inneren, permanenten Feind, Teil von Herrschaft ist. Auch der anschließende Scherz der zwei Polizisten zur Auflockerung des angenommenen Bedrohungspotenzials ändert daran nichts.
Zürich Flughafen. Der seit den Ereignissen um 9/11 geführte Diskurs um eine vermeintlich permanente Bedrohung als zivilisiert geltender Flughäfen ist auch in der wohlhabenden Schweiz präsent.
Die hochtechnisierten Personenkontrollen werden mit liberalem, vermeintlich humanistischen Bewußtsein bzw. entsprechender Etikette an uns vollzogen.
Schon in der Wartezone zum Gate wird ein Name von uns erneut aufgerufen, obwohl zuvor alle Pässe der Passagiere, die begehren den Atlantik Richtung Mexiko zu überqueren, registriert und gestempelt wurden. Auf Nachfrage, ob es sich um eine Stichprobe handele oder gezielt sei, wurde nur professionell freundlich erklärt, der Pass müsse einfach nochmals eingelesen werden. Die Erde ist rund, weil sie eine Kugel ist. Danke für diese sinnentleerte Tautologie.
Auch antikapitalistische, antifaschistische Arbeit hinterlässt ihre Spuren in den Untiefen europäischer Datenarchive der Sicherheitsbehörden. Auch Danke dafür.
Let’s get Maya
12 Stunden Flug liegen hinter uns, beim Betreten lateinamerikanischen Bodens, fängt uns als erstes der spezifische Geruch ein, als zweites ein agiler Mensch, der uns ein unvergleichliches, sicheres und höchst seriöses Taxi besorgen kann. Wir wollen ja ohnehin eines – Überzeugung braucht es da nicht mehr.
Wir haben Glück mit einem äußerst höflichen Fahrer. Er macht nicht nur unsere Adresse ausfindig, sondern erweist sich als erste Informationsquelle zur Geschichte Cancuns, des anschwellenden Massentourismus‘ und der daraus resultierenden Schleife ökonomischer Abhängigkeit z. B. der Taxifahrenden bei gleichzeitiger Zerstörung ansässiger Kultur und Vertreibung durch steigende Mieten. Das beträfe insbesondere den indigenen Teil der Bevölkerung, also die Nachfahren der Maya.
Unübersehbar ist v. a. im Tourismus, dass »Maya« zu einem Etikett für vermeintliche Authentizität benutzt wird. Profiteure sind die großen Hotelketten und die entsprechenden Kunden mit fettem Geldbeutel, hier v. a. aus den USA. Exotik als Veredelung kostspieligen Konsumtourismus‘. Eine Art zweite Kolonialisierung, indem die ästhetische Vereinnahmung zur Wirkungsmacht für diejenigen wird, deren Profitgier historisch auf Kolonialismus zurückgeht. Die Wirkungsmacht betreibt eben keine historische Aufarbeitung, Ergründung oder will Entschädigung zu leisten, sondern die Erniedrigung weiter vorantreiben, indem sowohl die Leute auf den gigantischen Bauanlagen der zukünftigen Luxushotels durchweg Mayas sind, die an der Vernichtung ihrer eigenen Kultur mit mauern. Die ökonomischen Bedingungen ihrer Lebenswirklichkeit hält sie dazu an. Ebenso die zahlreichen Bediensteten in den Hotels, die fast unsichtbar für Weißhäutige ihre Arbeit verrichten als Putzende, als Security, als Parkwächter, als Rezeptionsdame, als Köchin, als Tellerwäscher, als Fensterputzer oder als Masseurin. Stets freundlich und mit enormer Zurückhaltung.
Gleichzeitig wird seit etwa 5 Jahren wieder die Mayasprache in staatlichen Schulen (nur in der Primaria, da nach nur auf kostspieligen Privatschulen), neben der spanischen Sprache, unterrichtet. Dies, soweit es überhaupt möglich ist, da zahlreiche historische mayasprachliche Artefakte und Überlieferungen noch immer nicht vollständig entschlüsselt sind.