Berechnungen ¦ Maya Kultur ¦ Teil 2


Ek Chuah | Darstellung der Maya-Gottheit für Handel und Krieg

4. Februar 2018 | Tulum. Von den abstrahierenden Überlegungen zum Dualismus zurück zu den Stufen der Maya-Tempel, ihren Gottheiten, den astrologisch/mathematischen Berechnungen und ihrer Infrastruktur.
Der Ort der Maya-Stätte in Cozumels Zentrum liegt genau um ein vielfaches von 52 (wie zuvor erwähnt sind 52 Jahre der Zeitraum, den die beiden Maya-Kalender orientiert an Sonne und Mond benötigen, um sich zu treffen) von der Küste westlicherseits gemessen. Die Thesen der bisherigen Forschung gehen jedenfalls davon aus, dass das Konstruieren von Städten, Infrastruktur und religiösem Bauten stark von der spirituellen Welt dominiert ist, diese wiederum fußt auf handfesten astrologischen und mathematischen Berechnungen. So lässt sich an den baulichen Überresten erkennen, dass die Orte unter Berücksichtigung der vier Himmelsrichtungen entworfen wurden. Jeder Ort ist also faktisch eine Art Kompass, der es den Menschen ermöglichte sich leicht zu orientieren, zumeist begleitet vom Wissen um Sonnenstand, Mondposition, z.B. Lage des Jupiters, des Polarsterns und anderer Gestirne sowie lokal bedingtes Wissen über Zyklen der Winde.

Kurz und plausibel

Die durchschnittliche Körpergröße der Maya wird aufgrund der Funde und Architektur auf 1,40 – 1,60 m geschätzt, weshalb die Zu- und Eingänge heute eher kleiner erscheinen. Oftmals sind die Durchgänge im Mauerwerk mit dem typischen nach oben hin konisch bzw. treppenartigen Bogen versehen (Kragbogen). Sechs Steine auf jeder Seite des Bogens und oben aufsitzend der 13. Auch hier schlägt erneut die Mathematik und Spiritualität der Maya durch: in der Zeitenrechnung spielen die Zahlen 13 und 20 eine wesentliche Rolle (z.B. 13 Baktunes). Um die Durchgänge in Form der sog. Kragbogen gibt es hier verschiedene Thesen, auf jeden Fall ist der Kragbogen als quasi Rundbogen ohne ein zusätzliches Gerüst zu erbauen, was sicherlich ein wesentliches Argument ist, auch wenn die Maya-Baukultur bereits Kalkmörtel kannte. Jedoch finden sich nicht nur in den Kragbõgen zahlenspielerische Hinweise bezüglich seinerzeit angewandter mathematischer Systeme in Kombination mit zugeschriebenen göttlichen Eigenschaften.

Ek Balam | Maya-Stätte bei Valladolid | 11.02.2018

Laterale Notwendigkeiten

Auch zu den Treppen der weitesgehend rechteckigen Pyramidenbauten gibt es unterschiedliche Thesen. Zunächst wurde bei den z.T. kurzstufigen Treppen davon ausgegangen, dass eben v.a. die vergleichsweise geringe Körpergröße ursächlich für die »kleinen« Stufen seien. Unser Guia Raúl hatte eine kulturell-gesellschaftlich begründete These: Die Stufen, die ja entweder zu einem König bzw. einem Priester hinauf führten, wurden lateral bestiegen. Zwei notwendige gesellschaftliche Regeln wurden damit bedient; einerseits schaute man dem König bzw. Priester nicht direkt in sein Antlitz, noch direkt in die Augen, andererseits drehte man seiner Familie, der man ebenfalls innig verpflichtet war, nicht den Rücken bzw. den Hintern zu. Mit dem seit!ich ausgerichteten Besteigen hielt man gewissermaßen die bestehenden Konventionen ein. Nicht weniger plausibel, als die etwas kurz gedachte These der Körpergröße, die bisher nicht wirklich überzeugend war, da auch kleinere Menschen als im Durchschnitt heute, nicht so kurze Füße haben, wie zahlreiche Treppen dies nahelegen würden.

Handel und Krieg

Neben den Eingängen, den Pyramidenbauten, wird ein drittes baulich-infrastrukturelles Phänomen im Zusammenhang der zahlreichen Maya-Stätten stets erwähnt; Sak Bé. Die weißen Straßen der Maya-Kulturen. Die aus den vier Himmelsrichtungen auf die Stätten bzw. Städte zulaufenden Straßen wurden mit weißem Sand bzw. zermahlenen Muscheln bedeckt, so dass auch bei Nacht unter Zuhilfenahme des Mondlichtes diese Sak Bé eine optimale Orientierung boten. Auch wurden diese Straßen zuweilen als Verbingungsadern zwischen den Orten, Städten und heiligen Plätzen bezeichnet. Hier erhält der Begriff der Versorgungswege seinen Sinn, denn der Handel mit diversen Gütern war weit verbreitet in der Maya-Kultur, wie Funde von damaligen Zahlungsmitteln wie Cacao-Bohnen oder bestimmte Muscheln belegen.
Apropos Handel und Cacao; ziemlich interessant und weitsichtig ist der in der Maya-Spiritualität beschriebene Gott für Handel, Ek Chuah, der nicht nur den reisenden Händlern Glück, Wohlstand und Schutz gewähren sollte, sondern gleichzeitig auch als schwarzer Kriegsherr abgebildet wurde. Auch hier findet sich erneut das Konzept des nicht gespaltenen Dualismus wieder, verschiedene – widersprüchliche – Eigenschaften werden zusammen gedacht, ohne dass sie per se einer Wertung unterworfen werden.
Über die verschiedenen gesellschaftlichen Stände und das kosmische Weltbild mehr in den nächsten Beiträgen.