Rebell: Peter Paul Zahl

Ode an Molotow

in den warmen sand
wollen wir uns setzen
meine freunde
und die worte sortieren

die bitteren und
die voller wut
füllen in eine rundbauchige flasche
sägespäne hinzu
und altöl und schrott
und viel benzin

mit worten
die zerschlissen sind
umwickeln die
flasche

und anzünden die lunte
aus hass
…dreiundzwanzig…
vierundzwanzig…
fünfundzwanzig…

hinter der barrikade
unserer liebe
abwarten die wirkung
unter den feinden

und später bäume umarmen
mit rissiger borke
aus freude
über den wiedergewinn
unserer freiheit*

Kreuzberg | 21.2.2020. Krimis, Kochbücher und Schelmenromane gehörten ebenso zu Peter-Paul Zahl wie zwei Staatsbürgerschaften, die deutsche und die jamaikanische. 2005 erlangte er seinen deutschen Pass nach jahrelangem Prozedere und Wiedereinbürgerung zurück, da ihm die bundesdeutschen Behörden den Pass eingezogen hatten, weil er ebenfalls einen jamaikanischen besaß, da er dort seinen Lebensschwerpunkt hatte.

Nicht nur gedanklich war Peter-Paul Zahl ein schriftstellerischer Weltenbummler. Als gelernter [Klein-]Offsetdrucker waren ihm Publikationen, Bücher und Literatur ebenso nahe wie Plakate, Flugblätter und Zeitschriften wie die agit 883 aus dem Berlin der 1960/70er Jahre. Um dem bundesrepublikanischen Militärdienst zu entgehen, ging Peter-Paul Zahl 1964 nach Berlin, fing an zu schreiben und gründete schon 1967 eine eigene kleine Druckerei mit Verlag. So konnte er vom Schreiben, über das Manuskript, Satz, Druck und Verlegen alles selbst herstellen und vertreiben.

1970 veröffentlichte er seinen ersten Roman »Von einem, der auszog Geld zu verdienen«. Im gleichen Jahr wurde er zu einem halben Jahr Haft auf Bewährung verurteilt, weil er ein von Holger Meins entworfenes Plakat »Freiheit für alle Gefangenen!« zur Unterstüztung der RAF gedruckt hatte. Desweiteren organisierte er praktische Hilfe für schwarze GIs im Rahmen der klandestinen Gruppe »Up against the wall, Motherfuckers!«, die aus Berliner Kasernen desertierten und so nach Schweden flüchten konnten.

Vor dem Hintergrund der ersten Verhaftungswellen gegen die RAF und weitere bewaffnet kämpfende Gruppen, geriet Peter-Paul Zahl 1972 bewaffnet in eine Straßenkontrolle, wollte flüchten und es kam zu einem Schuss­wechsel. 1974 wurde er zunächst diesbezüglich zu vier Jahren Haft verurteilt, 1975 wurde das Urteil vom Bundesgerichtshof aufgehoben und Peter-Paul Zahl erhielt wegen versuchten Mordes in zwei Fällen 15 Jahre Haft.

Wie viele politische Gefangene lebte er die ersten Jahre im Einzel­vollzug und zeitweise in Isolations­haft, was ihn jedoch nicht hinderte aus dem Gefängnis heraus zu schreiben und zu publizieren. 1980 kam er in Normalvollzug und ab 1981 war er Freigänger.

Nach seiner Entlassung zog es ihn nach Grenada, Nicaragua, auf die Seychellen und Italien. Seit 1985 lebte er zwischen Jamaika und der BRD. Bis zu seinem Krebs-Tod 2011 folgte er weiterhin der Idee von Freiheit und Glück.

Informationen
Wikipedia | Peter-Paul Zahl
Peter Paul Zahl, Autor | Kreuzberger Chronik | Ausgabe 38 / Juni 2002 | Hans W. Korfmann
Aber einen Schlemenroman – Abschied von Peter-Paul Zahl | ila 342 / Februar 2011 | Gert Eisenbürger
Kein Heros vom Establishment | Artikel in der TAZ | 25.1.2011
Peter Paul Zahl ist tot | Artikel in SPIEGEL-Kultur | 25.1.2011

Buchtips
Die Glücklichen – Schelmenroman | Peter-Paul Zahl| Berlin 1979
Von einem, der auszog, Geld zu verdienen | Peter-Paul Zahl | Düsseldorf 1970
Johann Georg Elser – Ein deutsches Drama | Peter-Paul Zahl | Berlin 1982
Der Meisterdieb | Peter-Paul-Zahl | Frankfurt/Main 1992
Alle Türen offen – Gedichte | Berlin 1977