Kunsthandwerk | Casa de los Venados | Valladolid |12.2.2018
12.2.2018 | Valladolid Die Stadt Valladolid mit ihren ca. 50.000 Einwohner*innen liegt im Inland in der unmittelbaren Nähe der Maya-Stätten Ek Balam und Chichén Itzá. Dies ist auch der ursprüngliche Grund unseres Aufenthaltes. Auch hier ist die Bezugnahme auf die historische Maya-Kultur präsent. Valladolid ist durchaus touristisch, jedoch (noch) nicht so überlaufen wie die Küste der Provinzen Yucatáns und Quintana Roo.
Valldolid hat nicht nur sechs große christliche Kirchen bzw. ein Franziskaner Ex-Kloster, die nahe legen, wie dominant und unbarmherzig der Katholizismus diesen Ort und seine Menschen durchsetzte. Neben Campeche und Merida war sie die bedeutendste Stadt für die spanischen Conquistadoren bzw. ihre herrschenden Oberschichten.
Valladolid ist in der Lesart seiner heutigen Bewohner*innen mit historischen Wurzeln der Maya rückblickend gesehen ein Hort des Rebellentums und des Widerstands.
Moskitos und Conquista
Schon 1543 gründeten spanische Conquistadoren unter Führung von Kriegsherr Montejo an einer Lagune gelegen in einiger Entfernung vom heutigen Valladolid eine gleichnamige Ansiedlung, zu Ehren der damaligen Hauptstadt Spaniens mit eben diesem Namen. Von der spanischen Krone war ihm die Eroberung und Unterwerfung der Halbinsel Yucatán angetragen worden, nachdem er sich schon im Fahrwasser von Hernán Cortés als Conquistador bewiesen hatte.
Moskitos und Gelbfieber, dass die neuen spanischen Siedler geißelte, zeugten jedoch eher von limitiertem Wissen des als Kriegsstrategen eingesetzten Montejo. Nach zwei Jahren wurde Montejo als Stadthalter Spaniens durch die Siedler mittels einer Petition gedrängt, die Siedlung zu verlegen, da die mit Versprechen gelockten spanischen Siedler nicht nur verrückt wurden wegen der Moskitos, sondern auch drohten, Montejo bei der spanischen Krone anzuschwärzen, da er die Eroberung mangelhaft durchführe.
Montejo startete den Versuch nach Zaci (heutiges Valladolid) umzusiedeln.
Zaci – auf Maya »der weiße Sperber« – war ein an Cenoten gelegener Ort, der für ihre Einwohner*innen auch spirituell von Bedeutung war, was auf fast alle Orte der Maya zutraf (siehe letzten Einträge).
Über zwei Jahre hielt der Widerstand der Maya in Zaci bis sie in die Sklaverei getrieben und ihre Bauten dem Erdboden gleichgemacht wurden. So gilt das Jahr 1546 als Gründungsjahr der heutigen Stadt Valladolid, ihr Gründer ging in die Geschichte ein: Francisco de Montejo.
Maya-Schöpfungsgeschichte: Der Mensch wird aus Mais geboren. Werk: Norte, Sur y Centro – Popol-vuh | Fernando Castro Pacheco | 1970-77 | Palacio de Gobierno de Mérida Yucatán
Franziskaner und Conquista
In der Bundesrepublik kennen die meisten Menschen den Begriff des Franziskaner als Name für eine Biersorte. Wäre es nur das, wäre ein selbstverantworteter Rausch das Schlimmste, was ein Franziskaner anrichten kann…
Nun gelten die Franziskaner und ihre Spielarten als Heilige unter den Heiligen, da sie ein Bettelorden sind, der eremitische Franz von Assisi ihr Namensstifter ist und sie selbst noch im 1500 Jahrhundert z.T. als Häretiker beschuldigt wurden. Aber bereits im 1600 Jahrhundert waren Franziskaner – schon aufgrund ihrer Popularität beim einfachen Volk – als Puristen und authentische Gläubige mit ihrer ohne Wohlstand vollzogenen Lebensweise und des Eintretens für Arme und Entrechtete, eine feste Größe in der katholischen Kirche.
Da ihre rigorose Auslegugen des Dienens für Gott nicht nur Fürsprecher hatte, v.a. nicht bei den Herrschenden, die ja herrschten, damit sie prassen konnten, war der Aufbruch in die »neue Welt« eine neue Chance, ihren Missionierungsansatz hier unter die Menschen zu bringen.
So auch in Valladolid in Yucatán. Nachdem die Stadt in der Hand der Conquistadoren war, begann der Bau des Franziskaner-Klosters 1552, welches in nur acht Jahren fertiggestellt wurde. Der eine oder andere indigene Sklave dürfte dabei draufgegangen sein, auch wenn das »Convento de San Bernadino« eher schmucklos daherkommt, im Vergleich zu anderen Orten christlichen Monotheismus‘.
Die Mönche erweisen sich dann gleich als moderne Strategen der Privatisierung. Nicht nur wurde das Kloster mit Steinen der ehemaligen heiligen Stätten der Maya aufgebaut, sondern direkt auf den Fundamenten desselben. Diese Art der doppelten Vernichtung von Kultur durch die Siegerkultur findet sich tausendfach und systematisch in Mexico.
Damit nicht genug, die ehemals zugängliche Cenote als existenzielle Wasserquelle und heiliger Ort wurde in die Klostermauern eingeschlossen, zugänglich für die Mönche und ihre Kräutergärten, die sie u.a. mit dem Wissen der unterworfenen Maya anlegten. Was für ein Setting. Mit Waffengewalt, der Bibel in der Hand, in den Kopf geprügelt, Herren über Wasser und Land, wurde Valladolid zu einem Zentrum der spanischen Conquistadoren.
Der Sak Bé, die Straße der Maya – die einzige diagonale Straßenführung, in der durch die Spanier systematisch in Quadraten angelegten Stadt – heißt heute »Calzada de los Frailes«, Pflasterstraße der Mönche.
Diese Straße war dann auch Schauplatz der Rache der Maya im »Guerra de Castas« (Krieg der Kasten), 300 Jahre später 1847, der über 50 Jahre dauerte; der Aufstand der Maya gegen Weiße und Mestizen.